150 Jahre Periodensystem: Praseodym – vom Laser zu Nanokristallen zur Krebsbekämpfung

Das Periodensystem wird dieses Jahr 150 Jahre alt – deshalb haben wir Professoren gebeten, besondere Elemente vorzustellen. In Ausgabe vier dreht sich alles um Praseodym.

Prof. Dr. Thomas Jüstel vom Fachbereich Chemieingenieurwesen und Prof. Dr. Ulrich Wittrock vom Fachbereich Physikingenieurwesen erklären, was das Element so einzigartig macht.

Herr Prof. Wittrock, Herr Prof. Jüstel, von Praseodym haben bestimmt noch nicht so viele Menschen gehört. Was macht das Element so besonders?

Prof. Jüstel: Praseodym ist ein absolutes Multitalent! Im Periodensystem hat es die Ordnungszahl 59, und gehört zu den leichten seltenen Erden. Es ist ein reaktives Metall, das leicht mit Sauerstoff unter Bildung von Verbindungen mit einer grünen Farbe reagiert. Diese Farbe ist auch für das Element namensgebend, weil das griechische Wort „Praseo“ für die Farbe Grün steht. Die Anwendungsgebiete sind breit gefächert. Wir brauchen Praseodym als Farbfilter in Schweißer-Schutzbrillen, damit das helle weiße Licht die Augen nicht blendet und verletzt. Es kommt außerdem als Korrosionsschutz in Legierungen zum Einsatz, als Aktivator in UV-Strahlungsquellen, als Lasermaterial und als Szintillator – also als eine Substanz, die leuchtet, wenn sie mit Röntgen- oder Gammastrahlung angeregt wird. Deswegen wird Praseodym auch häufig in der Medizintechnik eingesetzt.

 

Forschen Sie auch an Praseodym?

Prof. Wittrock: Ja, und auch unsere Studierenden arbeiten in unseren Praktika in der Lasertechnik mit Praseodym. Sie erzeugen damit grünes Laserlicht, und zwar direkt. Das ist sehr besonders, denn um einen grünen Laser herzustellen, muss man normalerweise einen infraroten Laser in einem aufwendigen und teuren Verfahren umwandeln, das nennt sich Frequenzverdopplung. Praseodym ist das einzige Material, das ich kenne, das direkt grünes Laserlicht erzeugen kann. Und man kann aus ihm auch direkt andere Laser-Farben entstehen lassen, zum Beispiel orange und tiefrot. Orange ist als Laserfarbe sehr selten, das ist faszinierend.

Aber wie kann das denn sein, dass ein Metall einen Laserstrahl, also gebündeltes, kontrolliertes Licht, erzeugt? Durch Metall dringt doch kein Licht.

Prof. Wittrock: Das stimmt natürlich, aber beim Laser wird das Praseodym nicht als Metallatom verwendet, sondern als Ion in geringer Konzentration in Yttriumlithiumfluorid eingebracht, einen transparenten Kristall. Der ganze Vorgang nennt sich übrigens Dotierung. Wenn die Atome eingebaut sind, lässt man Würfel aus dem Material schneiden, ungefähr 5 mal 5 mal 5 Millimeter, und dann polieren. Diese Laserkristalle sind die Basis für unsere Laser.

Und Sie, Herr Prof. Jüstel, welche Berührungspunkte haben Sie mit Praseodym?

Prof. Jüstel: Aktuell einen ganz konkreten, wir sind nämlich mit der Harvard Medical School mitten in einem gemeinsamen Forschungsprojekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, Krebszellen effektiver zu bekämpfen, und dafür machen wir uns eine Eigenschaft von Praseodym zunutze: Es wirkt bei der Röntgentherapie als UV-Strahler gegen unerwünschte Zellen, kann zum Beispiel pathogene Mikroorganismen oder auch krankhafte Körperzellen abtöten. Wir wollen Nanopartikel von praseodymhaltigen Phosphaten, gelöst in isotonischer Kochsalzlösung, per Injektion in betroffene Körperpartien geben. Dann werden diese Partikel mit Röntgenstrahlung bestrahlt. Im Gegensatz zur herkömmlichen Chemotherapie muss man gemäß unserer Idee nur noch einen sehr kleinen Bereich mit geringerer Dosis bestrahlen, da die praseodymhaltigen Partikel angeregt werden und so UV-C-Strahlung erzeugt wird. Diese greift dann die benachbarten Krebszellen direkt an und zerstört sie. Das Beste ist: Die bisherigen Versuche unserer Doktorandin Sara Espinoza und unserem ehemaligen Doktoranden Matthias Müller, der jetzt als Post-Doc in Harvard arbeitet, haben gezeigt, dass das wirklich funktioniert!

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